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Damianut
Publizistik Gothic Series

Hrolf schaute den lächelnden Buldruk und den toten Boldyr abwechselnd an. Plötzlich musste Hrolf lächeln. Dieser Moment war vollkommen surreal. Er, der zusammen mit dem Bärenklan seit seiner Jugend gegen Orks kämpfte, befand sich nun unter ihnen und gemeinsam feierte man den Tod eines gemeinsamen Feindes. Doch zum Feiern war ihn nicht zu mute. Er wandte sich nur an den Schamanen und sagte.

„Euer Dank sollte nur Brynjarr gelten, Schamane“, meinte Hrolf mit traurigem Lächeln. „Er ist der wahre Held von uns beiden.“ Buldruk erwiderte nichts darauf. Stattdessen schauten der Schamane und Hrolf die Feiernden zu, die völlig im Glücksrausch zu sein schienen.

Am nächsten Tag bereitete sich Hrolf für seine Rückkehr vor. Für Brynjarrs Leichnam hatten die Orks einen einfachen Holzschlitten zur Verfügung gestellt. Für den Leichnam des Boldyrs jedoch war die Sache schwieriger. Hrolf überlegte angestrengt, wie er diese widerliche Trophäe schleppen sollte. Plötzlich hörte er jemanden hinter sich stampfen. Als sich Hrolf umdrehte, sah er Urdrak hinter sich. Hinter dessen breiter Rücken hatte der Ork einen großen Sack geschultert, der sehr schwer aussah. 

„Ich glaube nicht, dass ich noch Platz für Geschenke habe“, meinte Hrolf, bemüht zu witzeln.

„Der Sack ist nicht für dich, Morra. Sondern für mich“, brummte Urdrak. Hrolf sah den Hünen verwirrt an. 

Und was, wenn ich fragen darf, ist da drin?“

„Unser Reiseproviant.“

„“Unser was?“

„Bist du schwerhörig geworden, Morra?“, erwiderte Urdrak barsch. „Unser Reiseproviant.“

Hrolf sah den Ork nun eindringlich ein. „Warum solltest du mit mir kommen wollen?“

„Allein kannst du niemals die Missgeburt und deinen Bruder schleppen. Und außerdem…“

Urdrak zögerte seltsamerweise. Hrolf sah ihn fragend an. Versuchte irgendwas im zerfurchten Gesicht des Orks zu erkennen. Dann sprach Urdrak. „Außerdem will ich es euch vergelten. Für das, was ihr für uns getan habt.“

„Dein Stamm braucht dich doch bestimmt“, meinte Hrolf. Da sah ihn Urdrak mit einer Mischung aus Gram und Trauer an. 

„Dies ist nicht mein Stamm“, sagte der Hüne knapp. Hrolf forschte nicht nach, sondern nickte nur stumm.

„Weiß der Schamane davon?“, fragte Hrolf.

„Das weiß er“, antwortete Urdrak. „Und er hat mir bereits seinen Segen gegeben.

Die letzten Vorbereitungen für die Rückreise endeten vor dem Mittag. Vor dem Dorf verabschiedeten sich Buldruk und sein ganzer Stamm von Hrolf. Danach war Urdrak an der Reihe, der den großen Schlitten mit dem Boldyr zog. In brüderlicher Umarmung verabschiedeten sich der Schamane und der Hüne voneinander. 

„Mögest du Frieden in diesem Leben finden, Bruder“, sagte Buldruk. „Du bist jederzeit willkommen, zu uns zurückzukehren.“

„Danke, Buldruk“, sagte Urdrak und Hrolf wurde Zeuge, wie der grimmige Hüne das erste Mal lächelte. 

Danach machten sich die ungleichen Weggefährten auf dem Weg. Hrolf zog den Schlitten mit Brynjarr hinter sich, während Urdrak den Boldyr schleppte. Mehr und mehr verschwand Buldruks Dorf hinter den Bäumen des nahen Waldes, bis es gänzlich hinter ihnen verschwand.

Während die Reisegefährten nun schweigend voran gingen, fragte sich Hrolf bekümmert, wie es nun mit dem Bärenklan weitergehen soll. Wer soll ihn in den kommenden Zeiten führen?