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Damianut
Publizistik Gothic Series

Der Boldyr richtete seinen gierigen Blick auf Hrolf. Sofort schritt Brynjarr auf den Boldyr drohend zu. „Du wirst ihn nicht anfassen!“, schrie der Krieger. Der Boldyr indes funkelte Brynjarr boshaft an. 

„Ich werde ihn nicht töten, Welpe.“, zischte er finster. „Ich werde nur mit ihm spielen. Vielleicht quiekt er nicht so erbärmlich, wie es diese grüngepelzte Schwächlinge tun. Oder wie euer Vater.“

„Du lügst, Missgeburt!“

„Wirklich? Ihr müsstet es doch wissen. Die schrillen Schreie, die er von sich gab, als ich ihn den Rücken aufschlitzte. Wie er mich anflehte aufzuhören, als ich ihm die Oberschenkel riss.“

Der Boldyr kratzte mit seinen Krallen auf dem Stein, wodurch ein lautes, schmerzendes Kreischen zu hören war. Brynjarrs gesamter Leib zitterte nun regelrecht vor Zorn. Danach seufzte der Boldyr verspielt und seine Stimme heuchelte Enttäuschung vor. „So ein Jammer. Dabei haben mir meine kleinen, grünen Spielzeuge erzählt, dass die Affen des Nordens stark sein sollten. Doch am Ende entpuppten sie sich wie alle anderen niederen Geschöpfe. Als winselnde, erbärmliche Kreaturen, die nur als Beute taugen.“

Brynjarr wäre am liebsten losgerannt. Er hätte mit Gebrüll die Axt geschwungen und dem Boldyr in Stücke gehauen. Ihn leiden gelassen. Dennoch verblieb Brynjarr an Ort und Stelle. Er nahm nur seine Kampfstellung ein. Sein Blick war hart und gnadenlos. 

Daraufhin entwich das höhnische Grinsen aus der Fratze des Boldyrs. Ein unheimliches Klappern war von seiner Stachelmähne zu hören, als sie sich spreizten. Der ganze, geschuppte Leib wurde angespannt und der Boldyr machte sich für einen Sprung bereit. Keiner der beiden Gegner rührte sich. 

Da schnellte der Stachel des Boldyrs vor und sauste auf Brynjarr zu. Gerade noch rechtzeitig wich Brynjarr aus, nur um dann zu sehen, wie der Boldyr auf ihn sprang. Die mächtigen Kiefer schnappten nach dem Gesicht des Nordmarers. Doch die dicken, haiähnliche Zähne verhakten sich an den Stiel der Axt. Dennoch konnte Brynjarr nicht der Wucht des Angriffs standhalten. Er wurde zu Boden geschleudert und vom Gewicht des Boldyrs regelrecht zerdrückt. 

Derweil schnappte der Boldyr geifernd nach dem Gesicht des Nordmarers. Verzweifelt versuchte Brynjarr sich zu befreien. Er trat gegen den Bauch des Boldyrs, der nicht geschuppt war. Der Boldyr fauchte und zischte und immer wilder schnappte und kratzte er gegen Brynjarr. Seine Krallen ließen Brynjarrs Rüstung kreischen, während die Rüstung mehr und mehr durchdrungen wird. Langsam, aber sicher begann Brynjarr mehr und mehr sich zu fürchten. Sein Gerangel immer verzweifelter. Und daran ergötzte sich der Boldyr, während er seine Angriffe steigerte.

Plötzlich durchdrang ein Pfeil seitlich das rechte Auge des Boldyrs. Ein scheußliches Kreischen und Fauchen erklang und der Boldyr sprang von Brynjarr zurück und windete und wälzte sich vor Schmerz. Brynjarr schaute dem Untier entsetzt zu, wandte sich aber dann in die Richtung, von der Pfeil kam. 

Hrolf stand keuchend, dabei den nächsten Pfeil anzulegen. Er spannte seinen Orkreisser und zielte erneut auf den Kopf des Boldyrs. Als dieser sich wieder aufgerichtet hatte, schoss Hrolf ab. Der Pfeil zischte, doch prallte er an der Stachelmähne ab. 

Da blickte der Boldyr Hrolf an. Ein immenser, hasserfüllter Zorn strahlte aus dem gesunden Auge, der sich allein auf den Schützen richtete. Aus der Wunde quoll eine übelriechende, abartige Substanz heraus, die die Brüder noch nie gesehen haben. Mit einem markerschütterten Schrei raste der Boldyr auf Hrolf. Sofort legte Hrolf den nächsten Pfeil an und schoss ihn auf den Boldyr. Doch dieses Mal, wich dieser auch, sprang vor und hieb mit seiner Tatze gegen Hrolfs Brust. 

Die gesamte Rüstung des Schützen wurde mit entsetzlicher Wucht aufgeschlitzt. Drei lange Fleischwunden zierten nun die nackte Brust von Hrolf, der schreiend zu Boden stürzte. Angsterfüllt wollte Hrolf sofort aufstehen, da grub der Boldyr seine Zähen in dessen Schulter. 

Das Untier zerrte und riss an der Schulter wie im Wahn. Hrolf schrie wie am Spieß. Verzweifelt und schmerzerfüllt holte er sein Jagdmesser rauf und rammte es mehrmals in die Kehle des Untiers. Doch die Schuppen des Boldyrs ließen es nicht zu. Hrolf panischer Blick fiel auf den Bauch des Boldyrs. Dort sah er, dass der Bauch ungeschützt war. Doch niemals könnte er mit seinem Messer diese Stelle erreichen. 

Plötzlich erklang ein entsetzliches Knacken. Der Boldyr ließ von Hrolf ab und stieß einen lauten Klagelaut aus. Humpelnd und stolpernd sprang er zurück zum Höhleneingang. Als der Boldyr sich wandte, schwang er reflexartig seinen Peitschenschwanz aus, um seinen Gegner zu erwischen.

Jedoch stand Brynjarr zu weit weg. Keuchend hielt der Krieger seine Axt und stellte sich sofort vor Hrolf. Kein Blut war auf Brynjarrs Waffe. Und doch reichte die immense Wucht aus, um das linke Hinterbein des Untiers zu brechen.